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19.12.2020 / cso  
Lost Grounds:
Folge 8: Altenbergshof (VfB Essen-Nord)
Nach den umgewidmeten und den verwahrlosten Lost Grounds präsentiert der Blog der Uhltras heute einen, für den nur noch ein Attribut zutrifft: massakriert. Zart besaitete Fußballnostalgiker sollten sich darauf beschränken, den nach wie vor repräsentativen Haupteingang anzusehen: Im stilvollen Halbrund grüßt das Schild Städt. Sportplatz Altenbergshof die Anwohner, die sicher auch an der gelungenen Street-Art auf dem ehemaligen Portal des VfB Essen-Nord Gefallen finden. Die Abgänge zum Platz aber sind abgesperrt, ein verwittertes Graffito verkündet Fußball verbindet, der Briefkasten wird garantiert niemals mehr geleert.

Wer hartgesotten wie Uhltra jr in den Innenraum möchte, muss einen kleinen Umweg um die angrenzende Häuserzeile machen und von der Grillostraße aus den Gassi-Weg einschlagen. Eingepfercht zwischen Bauzäunen kommt man nach ein paar Schritten in etwa dorthin, wo früher einmal die Mittellinie des engen Aschenplatzes war. Zur Rechten öffnet sich der Blick auf die vollkommen zugewucherte Stehtribüne hinter dem Tor des VfB Nord, die der Schreiber dieser Zeilen als durchaus imposant erinnert. Einige Stufen an der Geraden sind auch noch zu erkennen. Der Platz selbst ist größtenteils asphaltiert; von der benachbarten Förderschule ist ein Fußball heruntergeflogen. Die westliche Hälfte des Platzes ist als solche nicht mehr zu erkennen. Mit schwerem Gerät wird hier gerade die Berne umgestaltet - die Zeiten, in denen eine oberirdische Ableitung von Abwässern im Ruhrgebiet chic war, sind vorbei.

Im Gründungsjahr des VfB Essen-Nord 1909 war Renaturierung noch kein Thema, und am Altenbergshof gab es noch keinen Fußballplatz. Diesen bezog der Club erst nach einer wahren Odyssee durch den Essener Norden, die wie die gesamte Vereinshistorie auf der Homepage des Vereins exzellent dargestellt wird. 1953 hatte sich der Altenbergshof zu einer Vorzeigeanlage gemausert, auf der in den Folgejahren auch Gäste aus dem sozialistischen Ausland zu Freundschaftsspielen empfangen wurden. In der Kreisklasse hieß der VfB Essen-Nord bei besonderen Partien bis zu 1.000 Zuschauer willkommen.

1977, also recht spät im Vergleich zu den anderen hier vorgestellten Vereinen, begann die sportliche Komponente Fahrt aufzunehmen: Der VfB stieg erstmals in die Bezirksliga auf. Es folgte ein stetes Auf-und-Ab mit einigen Ausrufezeichen. 1988 kam der Club in das Finale des Stadtpokals, ein Jahr später stieg man mit dem vom Oberligisten ETB Schwarz-Weiß verpflichteten Routinier Frank Sous erstmals in die Landesliga auf. Trainer damals: der ehemalige RWE-Bundesliga-Spieler und ETB-Legende Jürgen Kaminsky. 1993 spielte der VfB Essen-Nord sogar eine Saison in der damals viertklassigen Verbandsliga - nach wie vor auf Asche, denn ein Umzug an die Bäuminghausstraße kam für die Verantwortlichen nicht infrage. Das Abenteuer Verbandsliga endete nicht gut, und so fand sich der VfB schnell in der Kreisliga A wieder. Im neuen Jahrtausend wurde wegen des immer schwieriger werdenden Umfelds die Jugendabteilung aufgelöst. Die erste Mannschaft berappelte sich jedoch, kam 2002 ins Kreispokalendspiel und in der nächsten Saison sogar in die 2. Runde des Niederrheinpokals. Die dortige 0:2-Niederlage gegen Olympia Bocholt stellt auch das einzige Spiel dar, dass Uhltra jr jemals im Altenbergshof verfolgt hat.

Seit 2011 musste der VfB Essen-Nord seine Heimspiele widerwillig an der Seumannstraße austragen, wo man zwar schon vor dem I. Weltkrieg angesiedelt gewesen war, sich die Partnerschaft mit den beiden Platzhirschen aber als problematisch erwies. Der Altenbergshof verfiel, um zwischenzeitlich eine kurze Nutzung als Flüchtlingsunterkunft zu erleben. 2018 stieg der VfB Essen-Nord aus der Bezirksliga ab; ein Neustart in der Kreisliga B endete beim Saisonabbruch auf dem letzten Tabellenplatz. 2020 meldete der Club seine letzte Mannschaft vom Spielbetrieb ab.


       
       
   
Fotos: cso
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